12 Februar 2007

Doppeltes Wahlrecht

Der Politologe Robert Conquest verzichtet auf die Ausübung seines Wahlrechts:
"I'm a dual national who's a citizen of the U.S. and the U.K., so that voting in either place seems rather overdoing it."
Diese Zurückhaltung ist nobel, wenngleich offensichtlich übertrieben: Es würde ja ausreichen, freiwillig nur in einem Land zu wählen.

Es wird bemerkenswert selten thematisiert, daß mit der zunehmend freizügigen Austeilung doppelter Staatsbürgerschaften in Europa eine privilegierte Klasse entsteht, die über ein doppeltes Wahlrecht verfügt. Rainer Bauböck erkennt immerhin:
Die für politische Partizipation entscheidende Frage lautet, ob nicht ein doppeltes Wahlrecht in zwei Staaten Mehrfachbürgern ungerechte Vorteile verschafft und das Prinzip „eine Person – eine Stimme“ verletzt.
Er beeilt sich aber zu dekretieren:
Dieser Grundsatz verbietet jedoch nur die unterschiedliche Gewichtung von Stimmen in einem einzelnen Wahlvorgang. Wenn eine Migrantin sich sowohl an Parlamentswahlen in Österreich als auch in der Türkei beteiligen kann, so wird ihre Stimme in beiden Wahlen jeweils nur einmal gezählt und gleich gewichtet wie alle anderen.
Dagegen ist einzuwenden, daß politische Partizipation sich nicht darin erschöpft, an Wahlvorgängen teilzunehmen. Vielmehr geht es um die Teilhabe an politischen Entscheidungsprozessen insgesamt. Robert Conquest zum Beispiel könnte bei den Kongreßwahlen und Unterhauswahlen gleichermaßen für Kandidaten stimmen, die sich für einen schnellen Abzug der alliierten Truppen aus dem Irak aussprechen. Und österreichisch-türkische Migrantinnen, um Bauböcks politisch korrektes Beispiel aufzugreifen, können auf beiden Seiten für jene Kräfte stimmen, die den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union unterstützen.