20 Dezember 2006

Vormundschaftliche Verachtung

Der Wochenzeitung Die Zeit dient die überlieferte deutsche Rechtchreibung, welche von der Frankfurter Allgemeinen planmäßig mit der ersten Ausgabe im Jahr 2007 im Stich gelassen werden wird, offensichtlich als Auszeichnungsmittel für besonders wichtige Texte in gutem Deutsch.

In diesem Sinne hat sie am 26. Oktober unter dem Titel »Deutschland verrät Israel« eine Vorlesung in richtiger Rechtschreibung abgedruckt, die Wolf Biermann in Israel gehalten hat. Greifen wir nur heraus, was Biermann über den gefühligen Umgang der Deutschen mit den armen Muslimen sagt:
Das romantische Verständnis der Deutschen für die Islamisten im Nahostkonflikt hat [...] Gründe. Sie halten Araber für affige Wilde, für unmündige Menschen dritter Klasse, an die man noch keine aufklärerisch-humanen Maßstäbe anlegen darf. Die Zuneigung der Deutschen ist eine Art von vormundschaftlicher Verachtung. [...]

Die Welt des Islam scheint heute gegen die Werte des Abendlandes zu stehen. Ich aber sehe in diesem Konflikt zweier angeblich nicht kompatibler Kulturen ein Scheinproblem. Für mich gehören auch die Millionen Moslems zur sogenannten Zivilisation. Es sind die Nachfahren einer altehrwürdigen geistigen Tradition. Geniale Baumeister, göttliche Handwerker, begnadete Dichter, weise Philosophen. Es sind die Nachgeborenen von Abrahams Sohn Ismael, die schon den Lauf der Sterne berechneten, als wir in den Wäldern Germaniens noch auf der Bärenhaut schnarchten.