27 Oktober 2006

Irak? Vietnam?

Der amerikanische Präsident täte gut daran, einen Vergleich der Situation im Irak mit der in Vietnam vor knapp vierzig Jahren auch weiterhin kategorisch abzulehnen. Denn der Vergleich ist ganz und gar nicht erhellend. Die Voraussetzungen stimmen einfach nicht: Der Irak ist zur Gänze eingenommen worden, der Kampf der amerikanischen Truppen gilt nicht mehr dem Weltkommunismus. Hinter den beschönigend so genannten Aufständischen steht keine Großmacht, sondern gerade einmal die Großmannssucht der arabischen Straße.

Wenn, wie es scheint, die Zeit der Bilanzen gekommen ist, dann sollte man sich auch einmal überlegen, bessere Vergleiche zu ziehen. Jugoslawien böte sich an. Tito war nicht annähernd so schlimm wie Saddam, aber beide einten eine Nation, die keine ist, und standen für Ideen, deren Zeit abgelaufen war: den Pan(jugo)slawismus und den Panarabismus. In beiden Staaten schienen die ethnischen und konfessionellen Grenzen längst überwunden (im Irak gibt es nicht wenige sunnitisch-schiitische und kurdisch-arabische Ehepaare), aber das Ende der Diktatur ließ sie wieder hervortreten.

Den Zerfall Jugoslawiens in eine Anzahl kleiner Fürstentümer hat weder der sogenannte Westen noch Rußland verhindern können. Man darf gespannt sein, ob es der Türkei auch weiterhin gelingen wird, die Errichtung einer kurdischen Republik im Nordirak zu konterkarieren.