10 Februar 2007

Sie wissen nicht, was sie tun

Das Land Berlin hat im letzten Jahr ein Bild Ernst Ludwig Kirchners aus seinem Besitz ohne zwingenden Rechtsgrund an Nachfahren des ursprünglichen Eigentümers zurückgegeben. Das war ganz gewiß eine gut gemeinte Tat. Aber wußten die Täter, was sie da tun?
Eine Privatperson kann zwar mit einer Sache, wie es das Bürgerliche Gesetzbuch unbekümmert formuliert, im Rahmen der Rechtsordnung „nach Belieben verfahren“. Die Verwalter von Eigentum der öffentlichen Hand hingegen müssen die haushaltsrechtlichen Vorschriften beachten. [...]

Wenn die öffentliche Hand nicht muss, dann darf sie hier auch nicht. Das ergibt sich aus dem Zusammenspiel von abschließenden wiedergutmachungsrechtlichen Vorschriften, dem strengen Haushaltsrecht und dem Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes. [...]

Die im August in Berlin erfolgte Rückgabe des Kirchner-Bildes war rechtswidrig. Dieses Verdikt würde auch alle zukünftigen Restitutionen unter vergleichbaren Umständen treffen. Eine rechtlich einwandfreie Umsetzung erfordert ein Tätigwerden des Parlaments. Solange solches nicht geschieht, müssen die Akteure sogar mit Strafverfahren rechnen.
Zumindest nach Auffassung von Friedrich Kiechle, dessen hier zitierte Ausführungen in der Frankfurter Allgemeinen vom 7. Februar veröffentlicht worden sind, wußten die Restitutierer nicht, daß sie illegal verschenkten, oder haben sich darüber hinweggesetzt.

Fälle wie der des Kirchner-Bildes finden wegen ihres Gegenstandes große mediale Aufmerksamkeit. Was ist mit weniger öffentlichkeitswirksamen Taten unserer Politiker? Die kennen sich allem Anschein nach in dem Gesetzeswust, für den sie verantwortlich sind, so wenig aus, daß mit dem Schlimmsten zu rechnen ist.