02 Januar 2006

Der Verschwörer von der traurigen Gestalt


»Paris ist in der sozialen Ordnung ein Gegenbild von dem, was in der geographischen der Vesuv ist. Ein drohendes gefährliches Massiv, ein immer tätiger Juni der Revolution«, notierte Walter Benjamin. Seit 1789 billigte man den Pariser Volksmassen weithin einen revolutionären Führungsanspruch zu, der zuvor den hitzigen Neapolitanern zugekommen war. Erfolglos protestierte Engels gegen den Glauben, »die Franzosen für das auserwählte Volk der Revolution, Paris für das revolutionäre Jerusalem« zu halten. Benjamins Vorhaben, Paris als »Hauptstadt des XIX. Jahrhunderts« zu beschreiben, galt der Kapitale der Revolution.

Seine Freundin Hannah Arendt vermerkte später, wie nach 1789 jede gewalttätige Volksbewegung sogleich als Fortsetzung der damals ausgelösten Entwicklung gedeutet wurde, »als wären die Zeiten der Ruhe und Restauration, die durch das neunzehnte Jahrhundert hindurch bei weitem den größeren Zeitraum einnehmen, nur Pausen, in denen der Strom der Revolution, von der Oberfläche verschwunden, unterirdisch verläuft, um zu neuem Ausbruch auszuholen – zu den Ausbrüchen im Jahre 1830 und 1832, 1848 und 1851 und schließlich 1871 . . .«

Die Kunst des Verschwörers erweist sich in der Lenkung des Aufstands. Er weiß um die Stärke seiner Truppen und versteht sie durch seine Reden zu beflügeln, vor allem aber hat er den Instinkt für den richtigen Moment, in dem es loszuschlagen gilt. Daß er dieses Gespür vermissen ließ, macht Auguste Blanqui zum Verschwörer von der traurigen Gestalt.

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