28 November 2006

Kommando zurück

Die Lage im Irak ist verfahren. So verfahren, daß Jonathan Chait in der Los Angeles Times vom 26. November einen Vorschlag unterbreitet, der zumindest als Beleg für den Grad an Ratlosigkeit dienen kann, welcher erreicht ist:
Maybe, just maybe, our best option is to restore Saddam Hussein to power.

Yes, I know. Hussein is a psychotic mass murderer. Under his rule, Iraqis were shot, tortured and lived in constant fear. Bringing the dictator back would sound cruel if it weren't for the fact that all those things are also happening now, probably on a wider scale. [...]

The government is strong enough to terrorize the Sunnis into rebellion but not strong enough to crush this rebellion.

[...] We may be strong enough to stop large-scale warfare or genocide, but we're not strong enough to stop pervasive chaos.

Hussein, however, has a proven record in that department.

[...] I know why restoring a brutal tyrant to power is a bad idea. Somebody explain to me why it's worse than all the others.

25 November 2006

Andersherum

Von dem Mann, der mit der Chefin von MI5, Eliza Manningham-Butler, verheiratet ist, kennen wir nur den Vornamen: David. Er war, schreibt Paul Vallely im Independent vom 11. 11. 2006, früher Dozent der Moralphilosophie und arbeitet nun als Zimmermann.

24 November 2006

Nichtmissionierend

Thomas Rothschild weist in einer treffenden Kritik an Henryk Broder darauf hin, »daß Broder und mit ihm eine ganze Reihe ehemals linker Juden sich in eine Haltung gegenüber Israel versteift haben, die sich von der dogmatischer Kommunisten vor 1990 gegenüber der Sowjetunion kaum unterscheidet«. Das stimmt, aber die kleinen Unterschiede sind nichtsdestoweniger bemerkenswert. Die Sowjetunion stand, trotz Stalins Rückzug auf den Sozialismus im eigenen Land und auch noch in ihrem Scheitern, für eine Idee und den vorbildhaften Versuch ihrer Realisierung. Israel steht ebenfalls für eine Idee und deren Erfolg, den Zionismus, aber diese weist (ebenso wie das gewöhnlich nichtmissionierende Judentum) nicht über sich selbst hinaus. Israels Staatwerdung ist ein Experiment, das auch im Falle seines Gelingens nicht wiederholt werden will. Deshalb taugt der Israelismus so wenig zur Ersatzideologie enttäuschter Linker, weniger noch als zum Beispiel der »Titoismus« oder der »Sandinismus«: Spielarten des Realsozialismus, die andernorts je eigene Solidarisierungsbewegungen mobilisierten. Das Fernengagement an den Rändern der kommunistischen Internationale galt Staaten, deren Politik mit einiger Phantasie als modellhaft angesehen werden konnte. Israel hingegen ist kein Modellstaat und möchte es auch nicht sein; es steht für sich und genügt sich selbst. Der ihm entgegengebrachte Patriotismus entbehrt, anders als der Begriff Zionismus es suggeriert, der Überhöhung durch eine Weltanschauung.

17 November 2006

Eine Ehrenrettung

Michael Schmitz war kein IM. Natürlich nicht! Nicht nur die Berichte aus der DDR ließen nie den Verdacht aufkommen. Auch seine Reportagen aus dem Krieg um Großserbien müßten eigentlich Legende sein, und gewiß lagen sie nicht auf der Parteilinie der PDS, die schon damals für eine als Pazifismus camouflierte Realpolitik eintrat.

Das deutsche Fernsehen hat (das wurde einem schmerzlich bewußt, wenn man zusah, wie sich Schmitz deckungsuchend in den Schlamm warf) keine Tradition der Kriegsberichterstattung entwickelt. Der Stil des selbstgefälligen Außenseiters Peter Scholl-Latour konnte nie Schule machen, und von der Wochenschau der Jahre 1939 bis 1945 blieb bloß, fast zwanzig Jahre lang, der schnarrende Ton. Marcel Ophuls' Film über die Berichterstatter in Sarajevo, The Troubles We've Seen, hatte denn auch nur ein oder zwei ironische Seitenblicke auf irgendeinen festangestellten Abgesandten des deutschen Fernsehens übrig. Das war unfair gegenüber Schmitz; aber der hatte sich ja von Wien aus an die Front herangerobbt und blieb wohl schon deshalb außerhalb von Ophuls' Gesichtskreis.